Wachstumschancengesetz verabschiedet: Was ändert sich?
Besser spät als nie: Am 22. März 2024 verabschiedete der Bundesrat das Wachstumschancengesetz. Ursprünglich konzipiert, um sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen zu entlasten, liegt der Fokus letztendlich auf den Betrieben. Dennoch bringt das Gesetz auch für Privatpersonen einige wichtige Änderungen mit sich.
Geringere Reduzierung des Versorgungsfreibetrags
Versorgungsbezüge, wie Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, Unterhaltsbeitrag, Hinterbliebenenbezüge oder ähnliche Leistungen, bleiben bis zu einem bestimmten prozentualen Anteil steuerfrei. Der steuerfreie Betrag kann durch einen Prozentsatz berechnet werden, ist allerdings auf einen Höchstbetrag gedeckelt. Dieser verkleinert sich rückwirkend zum 01. Januar 2023 jährlich um 0,4 Prozent anstatt wie bisher um 0,8 Prozent. Der Höchstbetrag sinkt jährlich um 30 Euro statt bisher 60 Euro und der Zuschlag um 9 Euro.
Das bedeutet, die Steuererleichterungen durch den Versorgungsfreibetrag nehmen in den kommenden Jahren weiterhin ab, aber in einem langsameren Tempo, wovon Empfänger profitieren.
Geringere Rentenbesteuerung für neue Renteneintrittsjahrgänge
Im Bereich der Rentenbesteuerung können sich zukünftige „Kohorteneinsteiger“ über eine kleine Steuererleichterung freuen. Bis zum Wachstumschancengesetz sah der Gesetzgeber eine jährliche Steigerung des Besteuerungsanteils von einem Prozentpunkt vor. Dies wurde jedoch nun geändert und künftig lediglich um einen halben Prozentpunkt erhöht. Für die Kohorte 2023 beträgt demnach der maßgebliche Besteuerungsanteil anstatt 83 Prozent nur noch 82,5 Prozent. Im Jahr 2058 wird somit erstmals die Besteuerung von 100 Prozent erreicht.
Höhere Steuerfreigrenze bei privaten Veräußerungsgeschäften
Besonders freuen können sich auch Personen mit privaten Veräußerungsgeschäften, vor allem im Bereich des Kryptohandels. Bis zur Änderung des Wachstumschancengesetzes gab es bei den privaten Veräußerungsgeschäften eine Freigrenze von 600 Euro im Kalenderjahr. Dies bedeutet, dass Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bis zu diesem Betrag trotz bestehender Steuerpflicht als steuerfrei eingestuft wurden. Dieser Betrag erhöht sich künftig auf 1.000 Euro.
Förderung von elektrischen Firmenwagen
Arbeitnehmer, die einen ausschließlich elektronischen Dienstwagen auch privat nutzen, müssen nur 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises (unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers) versteuern. Bisher galt diese vergünstigte Versteuerung nur für Fahrzeuge mit einem maximalen Bruttolistenpreis von 60.000 Euro. Diese Grenze wurde nun auf 70.000 Euro erhöht.
Arbeitnehmer müssen selbst die Fünftelregelung geltend machen
Erhält ein Arbeitnehmer eine Abfindung oder eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten geballt in einem Kalenderjahr, kann unter bestimmten Voraussetzungen die sogenannte Fünftelregelung in Anspruch genommen werden. Das konnte bisher auf Ebene des Arbeitgebers vorgenommen werden. Da das Wachstumschancengesetz jedoch Betriebe entlasten soll, sind Steuerpflichtige ab dem Jahr 2025 selbst dafür verantwortlich, solche Vergütungen in ihrer Steuererklärung mit der ermäßigten Besteuerung geltend zu machen.
Höhere Geschenke an Personen, die keine Arbeitnehmer sind
Der Gesetzgeber hat die Grenze für Geschenke an Personen, die keine Angestellten des Verschenkenden sind, von 35 Euro auf 50 Euro (Nettowert) angehoben. Beschenkte könnten beispielsweise Geschäftspartner oder Kunden sein. Wird die Grenze von 50 Euro überschritten, muss das Geschenk vom Empfänger versteuert werden.
Höhere Tagespauschale für LKW-Fahrer
Berufskraftfahrer, die nachts in ihren PKW übernachten, erhalten künftig eine Tagespauschale von 9 Euro statt vorher 8 Euro.
Abschreibungen für Abnutzung (AfA)
Vereinfacht bedeutet die Abschreibung für Abnutzung (AfA), dass man Anschaffungskosten im Bereich der Werbungskosten oder Betriebsausgaben über die Nutzungsdauer des Gegenstands hinweg von der Steuer absetzen kann. Unter einer Vielzahl von Methoden, sind die bekanntesten Formen:
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Lineare Abschreibung: Auf die Nutzungsdauer gesehen wird ein immer gleichbleibender Betrag pro Jahr abgesetzt.
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Degressive Abschreibung: Zu Beginn wird ein höherer Teil abgeschrieben als in den Folgejahren.
Letztendlich wird in beiden Fällen dieselbe Summe abgesetzt, lediglich der Zeitpunkt der Steuererleichterung verändert sich.
Mit dem Wachstumschancengesetz wurde die eigentlich schon ausgelaufene degressive Abschreibung aufgrund der wirtschaftlichen Krisensituation für befristete Zeit vom Gesetzgeber wiedereingeführt. Selbiges galt auch für die Coronakrise. Sie kann für Wirtschaftsgüter angewendet werden, die zwischen dem 31. März 2024 und 01. Januar 2025 angeschafft werden.
Sonderabschreibungen für Betriebe
Betriebe, die weniger als 200.000 Euro Gewinn im Jahr machen, können von der Sonderabschreibung nach § 7g Absatz 5 EStG profitieren. Die Investition kann beliebig auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die darauffolgenden vier Jahren verteilt werden. Bisher konnten so 20 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgesetzt werden. Mit dem Wachstumschancengesetz wurde dieser Satz rückwirkend ab dem 01. Januar 2024 auf 40 Prozent erhöht.
Nicht umgesetzte Vorhaben des Wachstumschancengesetzes
Nicht alle zuvor geplanten Änderungen sind letztendlich umgesetzt worden. Dazu gehören beispielsweise folgende Vorhaben:
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Investition in den Klimaschutz
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Erhöhung der Wertgrenzen für die GWG-Sofortabschreibung auf 1.000 Euro
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Anhebung des Höchstbetrags bei Betriebsveranstaltungen
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Anhebung der Verpflegungspauschale
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Steuerfreie Einnahmen bei weniger als 1.000 Euro aus Vermietung und Verpachtung
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Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen