Keine Leichtigkeit: Nachteilige Änderung des Steuerbescheids durch das Finanzamt
Gegen einen Steuerbescheid kann innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt werden. Diese Möglichkeit hat der Steuerbürger, aber nicht das Finanzamt selbst. Möchte es dennoch einen Steuerbescheid ändern und z. B. eine höhere Steuer berechnen, muss es sich auf eine gesetzlich festgelegte Korrekturvorschrift berufen – und diese auch tatsächlich erfüllen.
Ein Steuerbescheid kann zum Nachteil des Steuerbürgers geändert werden, wenn dem Finanzamt bei der Erstellung des Bescheids z. B. ein Schreib- bzw. Rechenfehler oder eine sog. ähnliche offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist, gem. § 129 Abgabenordnung (AO). Eine Änderung ist aber nicht möglich, wenn das Finanzamt den Sachverhalt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Dies entschied der Bundesfinanzhof in zwei Urteilen vom 16. Januar 2018 (Az. VI R 38/16 und VI R 41/16).
Fehler der Finanzämter
In beiden Fällen bezogen die Steuerbürger Bruttoarbeitslohn von zwei unterschiedlichen Arbeitgebern. Die jeweiligen Einkommensteuererklärungen füllten sie korrekt aus – beide Arbeitslöhne wurden in die Steuererklärungen aufgenommen. Die Finanzämter prüften die vorliegenden elektronischen Daten, die durch die Arbeitgeber übermittelt wurden. Da hierbei allerdings der Bruttolohn des einen Arbeitgebers fehlte, übernahmen die Finanzbeamten auch nur den einen Lohn in die Steuerberechnung – und das Ergebnis in den Steuerbescheiden fiel besser aus als unter Berücksichtigung der vollständigen Daten. Die betroffenen Steuerzahler waren jedoch nicht verpflichtet den Fehler dem Finanzamt mitzuteilen, da sie nichts verheimlicht und ihre jeweiligen Steuererklärungen vollständig ausgefüllt hatten.
Einige Zeit später bemerkten die Finanzämter den Irrtum, änderten die Steuerbescheide gem. § 129 AO und forderten Steuern nach. Ihre Begründung: Die automatische Berücksichtigung nur eines Arbeitslohns sei ein entschuldbares Versehen gewesen, es würde sich um eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit handeln.
Dem widersprach jedoch der Bundesfinanzhof: Die jeweiligen Bearbeiter hätten den Sachverhalt näher aufklären müssen. Es war eindeutig erkennbar, dass der in der Steuererklärung enthaltene Bruttolohn höher war als die vorliegenden elektronischen Daten. Die Finanzbeamten stellten aber keine weiteren Nachforschungen an – und verletzten damit ihre Sachaufklärungspflicht. Eine Änderung der Steuerbescheide zum Nachteil der Steuerbürger war daher nicht möglich.